Abstraktion in der Kunst

So kann die Abstraktion als eine bereichsübergreifende Tätigkeit in der Geschichte der Kunst betrachtet werden, die über die Zuordnung zu einer einzigen Kunstrichtung hinausgeht. Vielmehr kann sie je nach Sensibilität und Vorstellungskraft eines:einer Kunstschaffenden unterschiedlich ausgeführt werden.
Die konzeptuelle Abstraktion, die Giovanni Dessì in seinem Hortus (1986) anwendet, ist ein Beispiel dafür. Die kompositorische Struktur des Werks ist offen ausgerichtet und durch lineare Elemente gekennzeichnet, die aus der Bildfläche herausragen und eine symbolische Landschaft darstellen.

In anderen Fällen wird die Abstraktion durch das bei der Schaffung des Werks verwendete Material erreicht: In seinen Werken Scavi Superficiali (1986) und Restauri Provvisori (1992) folgt Franco Guerzoni dem Konzept der Archäologie und seiner anikonischen Vision der Welt durch die Schichtung der verwendeten Materialien, als wären es Putzschichten auf einer vergessenen Mauer.

Die Bildhauerei hingegen ist das Medium, mit dem sich Elia Cantori in Stanza (2008) verwirklicht. Mit einem Werk aus Gips, Metall und Kunststoff, das von einem kalten Neonlicht beleuchtet wird, setzt er sich mit dem Thema der Konstruktion und Dekonstruktion von Materie und ihren physikalischen Phänomenen auseinander, und zwar aus einer fast schon wissenschaftlichen Perspektive.

Auch die Abwesenheit von Materie kann das Ergebnis von Abstraktion sein: Im Fall von Minjung Kim und ihren Werken Void in Fullness (2015) und Pieno di Vuoto (2006) verwandelt die Künstlerin, inspiriert von der orientalischen Kultur, die Leere in eine greifbare Präsenz und verwischt die Grenze zwischen dem, was existiert und dem, was nicht existiert, auf harmonische und fast musikalische Weise.

Marco Tirelli erreicht in seinen Werken Senza titolo (Diptych) (1994), Senza titolo (2004) und Senza titolo (2004) die höchste Form der Abstraktion. Mit ungreifbaren Lichtstrahlen, klassischen architektonischen Säulen und geometrischen Formen gibt der Künstler durch ein geschicktes Spiel von Licht und Raum rätselhafte und geheimnisvolle Formen wieder.

Achille Perilli schrieb in den 1950er Jahren über das Werk von Paul Klee: „Es ist nicht mehr die Malerei, die schöne Malerei, das Ziel des Diskurses, sondern nur noch eines der Instrumente, um sichtbar zu machen, was im Menschen und für den Menschen noch unbekannt ist. [...]“. Dieses Konzept macht er in seinem Werk Omaggio a Nerone (1966) sehr deutlich. Ausgehend von der Urform, zerlegt er sie in eine Reihe von Zeichen und Gravuren, bis sie jeden präzisen Bezug zur greifbaren Welt verliert.